#005 Fun Times

[Lucy Chen]

„Das kann ich sehr gut verstehen.“, sagte sie zu Jordans Aussage, dass er froh war Tim in seinem Leben zu haben. So wie sie Tim bis jetzt kennen gelernt hatte war er loyal, hilfsbereit und einfach ein Typ zum Pferde stehlen. Wer so einen Menschen in seinem Leben hatte konnte sich einfach nur glücklich schätzen. „Oh, dass ist ja super praktisch, dann könnt ihr einfach super spontan jedes Spiel zusammen schauen. Mega gut.“, vermutete sie, als Jordan ihr erzählte, dass er und Tim gar nicht weit auseinander wohnten. Natürlich konnten sie sich auf bei allem anderen super unterstützen, wenn mal einer etwas großes von A nach B bringen musste. Eigentlich wollte Jordan gerade etwas aus seinem Leben erzählen, nachdem sie einen ziemlichen Monolog über die Arbeit gehalten hatte, der immer wieder von dem Vollidioten unterbrochen wurde. Er trieb es zu weit. Er berührte ihr und wenn er jetzt nicht schnell Leine zog würde sie gleich richtig austeilen. Sie hatte gesehen, dass Jordan immer wieder hatte eingreifen wollte, sie ihm aber zuvor gekommen war. Lucy war nicht auf den Mund gefallen und das war nicht das erste Mal, dass sie sich in solch einer Situation befand. Würde Jordan nicht neben ihr sitzen und wüsste sie nicht mit wem sie unterwegs war würde sie sich auch deutlich unsicherer fühlen. Doch sie wusste, dass sie hier im Zweifel von jedem aus ihrer Gruppe Unterstützung bekommen würde und nichts wirklich schlimmes passieren würde. Wäre sie hier allein würde ihre Gefühlslage schon ganz anders aussehen, aber jetzt war sie ziemlich entspannt. Genervt, aber es breitete sich keine Angst in ihr aus. Zwar konnte sie sich selbst auch ziemlich gut verteidigen, nicht nur mit Worten, auch körperlich, trotzdem war der Typ deutlich größer als sie und auch nicht gerade schwächlich, wenn sie in eine dumme Position kam hatte sie da auch verloren. Er lernte aus ihren Aufforderungen leider nicht dazu, sondern setzte immer wieder einen drauf. „Du solltest dein Maul nicht so aufreißen, immerhin kannst du Püppchen ja kaum was…“ Mutig von ihm, zumal Tim gerade hinter ihm aufgetaucht hatte und sein Gesicht sprach Bände. Er machte ihm deutlich klar, dass er sie loslassen und abhauen sollte, was er zumindest tat, als er sich zu Tim umdrehte. Richtig ernst nahm er ihn aber in diesem Moment nicht. Im Gegenteil, er wollte noch einen drauf setzen, was so sehr eskalierte, dass er Tim wegen seiner Einmischung eine Runterhauen wollte. Tim drehte sich jedoch einfach weg und griff in der gleichen fließenden Bewegung nach seinem Arm, verdrehte ihm diesen schmerzhaft auf den Rücken und drückte seinen Kopf mit einem ordentlichen Ruck auf die Bar. Das ähm… ja war einfach heiß und Lucy wusste nicht genau, ob ihr Herz jetzt wegen der Situation schneller schlug oder weil sie ihren Blick nicht von Tim nehmen konnte und ob es hier wärmer geworden war oder ob das an ihr lag wusste sie auch nicht so genau. Ihr Blick folgte Jordans Bewegungsrichtung und richtete sich auf die Freunde von dem Typen die in Alarmbereitschaft gerieten, im Moment aber blieben wo sie waren.

 
Lucy war bereit im Zweifel auch einzuschreiten, falls das hier noch mehr eskalierte, aber im Moment sah sie einfach wieder zu Tim und den Typen und genoss die Show. Beobachtete das Spiel von Tims Muskeln, als er dem Typen mit leicht rauchiger und tiefer Stimme sagte, dass er ihm jeden einzelnen Finger brechen würde, wenn er nicht Leine zog. Da konnte einem doch nur die Spucke im Mund wegbleiben. An Chris und seine Reaktionen auf solche Situationen wollte sie gar nicht denken, aber Schwanz einziehen und weggehen (mit ihr zusammen) traf es schon ziemlich gut. Das hier war etwas ganz anderes. Genauso wie Lucys Reaktion darauf. Tim ließ den Typen los und dieser suchte mit seinen Freunden das Weite. Jordan und Tim kamen wieder richtig an die Bar zu ihr. Kurz glitt Tims Blick über ihren Körper, ehe er sie ansah und fragte, ob alles in Ordnung war. Lucy nickte und sah ihn leicht verwirrt an, als er sich erklärte und dafür entschuldigte, dass er sich als ihr Freund ausgegeben hatte. Sie war davon so überrascht, dass sie nur „Kein Problem.“, sagte. Bevor sie etwas sagen konnte bezeichnete Jordan Tim schon als Retter in der Not und bestand darauf, dass sie sich davon den Abend nicht verderben lassen sollten. „Also wenn wir uns davon den Abend verderben lassen müssen wir nochmal über unsere Berufswahl nachdenken.“, grinste Lucy. Sie nahmen sich ihre Getränke und gingen wieder an den Tisch zurück. Jordan saß ihnen gegenüber und Tim hatte sich neben Lucy gesetzt oder sie sich neben ihn. Wer wusste das schon so genau? Lucy nahm das Gespräch was sie gerade mit Jordan geführt hatte wieder auf und er erzählte ihr, dass er Notfallmediziner in der Berg- und Seerettung war. Tim war zwischendurch wieder aufgestanden und hatte sich noch Schmalzkuchen geholt und fragte sie dezent zweideutig, ob sie was Süßes wollte. Lucy grinste und griff nach einer Serviette. „Für was Süßes bin ich immer zu haben.“ Sie nahm sich ein Stück Schmalzkuchen aus der Tüte und balancierte dieses über der Serviette, so das der Puderzucker auf der Serviette und nicht auf ihrem Crop Top landete. „Danke dir.“, sagte sie lächelnd zu Tim.
 
Der Abend ging lustig weiter, Lucy stieg irgendwann wieder auf Bier um und Jordan und Wesley gingen irgendwann wieder tanzen und präsentierten ihre Tanzmoves. Lucy hatte sich gedreht und im Schneidersitz auf die Bank gesetzt, damit sie besser sehen konnte, Tim hatte sich auch gedreht und saß rittlings aus der Bank, so das sie quasi zwischen seinen Beinen saß. Grinsend drehte sie den Kopf zu ihm, als er die beiden Tänzer anfeuerte und wollte gerade etwas sagen, als er sie auch ansah, ihre Blicke etwas zu lang aufeinander verweilten und er sie dann schließlich fragte, ob sie etwas frische Luft schnappen wollte. „Das klingt gut.“, sagte sie lächelnd, stand auf, zog sich ihre Bluse wieder über, machte sich jedoch nicht die Mühe dieser wieder zu zuknöpfen und griff nach ihrer Tasche. Die anderen sollten nicht auf ihre Sachen aufpassen müssen, nur weil sie kurz rausgingen. Kurze Zeit später standen sie schon vor dem Zelt und Lucy arbeitete die kühle Nachtluft ein, die deutlich frischer war, als im Zelt. Sie gingen durch die Wege der Kirmes und beobachteten wie die Fahrgeschäfte nach und nach geschlossen wurden. Hier und da gab es noch eine letzte Fahrt, ehe alles für den Feierabend fertig gemacht wurde. Sie kamen beim Riesenrad an, dieses war eigentlich schon leer und der Angestellte machte gerade die Kasse, als Tim auf die Idee kam, noch eine Runde Riesenrad zu fahren. „Mal sehen, ob das klappt.“, stellte Lucy in den Raum während sie rüber gingen und Tim es wirklich schaffte noch eine Fahrt zu ergattern. Sie stiegen ein und fuhren langsam nach oben. Die Aussicht über die Stadt war wirklich fantastisch. Die ganzen Lichter und man konnte richtig die bekannten Gebäude erkennen und die Straßenzüge. Oben angekommen hielten sie an und Tim lehnte sich zu ihr rüber, erklärte ihr was von einem Rathaus, aber das einzige was sie richtig wahr nahm war die Wärme seines Körper an ihrem Rücken, sein Gesicht nah seinem ihrem, sein Duft der ihr in die Nase stieg, dazu der Geruch von Schmalzgebäck und Bier. Sein Arm streifte den ihren, als er auf etwas anderes zeigte und Lucy nickte geistesabwesend. Er drehte sich zu ihr und sah, dass sie statt der Aussicht ihn angesehen hatte, er erwiderte ihren Blick und stellte, als sich das Riesenrad wieder auf den Weg nach unten machte in den Raum, dass sie das Beste jetzt bestimmt nicht gesehen hatte. „Wenn du meinst.“, sagte sie schlicht, lächelte ihn leicht an und löste ihren Blick einen kurzen Moment von ihm bevor sie ihn wieder ansah. Verdammt, was tat sie hier eigentlich? Das war gerade eindeutig ein Flirt gewesen und diesen hatte sie schon abgeschwächt. Sie war vergeben, sie liebte Chris und trotzdem flirtete sie mit Tim, fühlte sich so unglaublich zu ihm hingezogen, dass sie das Flirten auch nicht lassen konnte. Was machte er nur mit ihr?! Sie kamen wieder unten an und stiegen aus der Gondel aus. „Vielen Dank und schönen Feierabend!“, verabschiedete Lucy sich von dem Angestellten der ihnen noch die Fahrt ermöglicht hatte. Sie gingen weiter und wenn Lucy ehrlich war wusste sie nicht was sie wollte. Noch etwas mit Tim hier draußen sein oder wieder rein zu den anderen gehen. Bei den anderen würde sie vielleicht nicht mehr in so eine Situation kommen wie eben. „Gehen wir zurück zu den anderen?“, fragte sie ihn lächelnd und er stimmte ihr zu und so waren sie schnell wieder im Bierzelt. Inzwischen tanzten die anderen komplett und Lucy grinste Tim an und sie machten sich auch auf den Weg zur Tanzfläche. Tim forderte sie mit einer kurzen Geste zum Tanzen auf und Lucy ergriff eine Hand. Sie tanzten miteinander und ab und an drehte er sie oder sie machten eine andere Figur passend zur Musik. Sie redeten zwischendurch miteinander und kamen sich dann bei einem langsameren Lied etwas näher. Immerhin war das langsam und da rückte man automatisch mehr zusammen. Lucy sah zu Tim auf und grinste über etwas was er bei jemand anderem auf derTanzfläche bebachtet hatte. So richtig konnte sie den Blick nicht mehr von ihm nehmen. Durch die Nähe beim Tanzen stieg ihr wieder sein Duft in die Nase, sie spürte seine Wärme auf ihrem ganzen Körper und erinnerte sich nur zu gut an die Situation im Riesenrad. Ihr Herz klopfte schneller und ihr wurde ganz warm.